Junge, schnelle Fahrer gibt es in der Superbike-WM momentan wenige. An der Weltspitze steht mit Jonathan Rea ein 33-Jähriger und auch wenn man weiter die Top-Piloten durchstöbert, findet sich kein wirklicher Youngster. Eine Ausnahme muss man spätestens seit der letzten Saison nennen: Toprak Razgatlioğlu. Mit 23 Jahren ist er der Jüngste im Fahrerfeld. 2020 könnte sein Jahr werden.
Razgatlioğlu kam über die IDM – dort fuhr er im Yamaha R6-Cup – und den RedBull-Rookies-Cup 2015 in die europäische Superstock 600-Meisterschaft. Diese konnte er gleich im ersten Jahr gewinnen und stieg mit Kawasaki ein Jahr später auf die 1000er um. Es folgte zwei erfolgreiche Saisons in der Superstock 1000, wo er 2017 Vizemeister hinter Michael Ruben Rinaldi wurde.

2018 stieg er im Team von Manuel Puccetti – in dessen Mannschaft gibt Philipp Öttl dieses Jahr sein Supersport-Debüt – in die Superbike-WM auf. Gleich in seiner ersten Saison holte der Türke, der in Kenan Sofuoglu stets einen erfahrenen Mentor an seiner Seite hatte, zwei Podestplätze. Der erste Sieg folgte 2019 in Magny-Cours. Für 2020 wechselte Razgatlioğlu quasi zu seinen Wurzeln: Der Mann aus Alanya startet für das Pata Yamaha-Werksteam.
„Letztes Jahr war das beste Jahr meiner Karriere.“, blickt Razgatlıoğlu zurück, der nicht nur seinen, sondern auch den ersten türkischen Superbike-Sieg überhaupt holte. „Für dieses Jahr ist mein Traum, mit der Yamaha Weltmeister zu werden. Ich weiß aber, dass das nicht einfach werden wird. In der Superbike-WM sind alle Fahrer sehr schnell. Wir werden versuchen, das bestmögliche Resultat herauszuholen. Es ist noch zu früh, um wirklich etwas zu sagen, weil das erste Rennen noch nicht einmal stattgefunden hat. Das Feeling mit dem Bike ist aber gut. Wir sind bereit.“

Den Weg von Kawasaki zu Yamaha ging Razgatlioğlu allerdings nicht allein. Seinen Crew-Chief Phil Marron nahm er mit. Der kennt die Ambitionen seines Schützlings: „Natürlich will er vorne mit dabei sein. Er ist nicht hier um hinterher zu fahren.“, so Marron, der aber auch darauf hinwies, dass vor allem am Saisonanfang Geduld und Ruhe gefragt seien. Toprak müsse sich erst an das neue Bike und das Team gewöhnen.
Bisher meistert Razgatlioğlu den Umstieg auf die Yamaha YZF-R1 problemlos, war in Portimao am Ende sogar Schnellster. „Es sind zwei unterschiedliche Bikes.“, erklärt Marron. „Das eine mag den Flow, das andere mehr Aggressivität. Toprak fährt das neue Bike noch so wie das alte. Ich glaube, dass wir eine gute Basis finden können, mit der er attackieren kann wie im letzten Jahr.“
Auch Teammanager Paul Denning weiß um die Qualitäten seiner Fahrer: „Bei Yamaha haben wir eines der vielversprechendsten Line-Ups, die es je in der WorldSBK gab.“, kommentierte der Brite. Es handle sich um ein talentiertes, junges und aggressives Team. Schon seit einigen Jahren – Yamaha wagte 2016 mit der R1 den Wiedereinstieg in die Superbike-WM – ist Yamaha immer wieder für Siege und Podien gut. In der Vergangenheit waren sowohl Michael van der Mark, als auch der nun zu Kawasaki abgewanderte Alex Lowes siegreich. Nur um den WM-Titel konnten bisher beide nicht fahren. Mit Toprak Razgatlioğlu könnte sich das ändern.
Bevor es am 29. Februar in das erste Superbike-Rennen der Saison geht, steht noch der Phillip Island-Test an. Dort holte Razgatlioğlu im letzten Jahr Platz 6, 15 und den ersten Nuller des Jahres.
Text: Dominik Lack
Fotos: Yamaha Racing (Titelbild), Dominik Lack