Es herrscht oftmals ein stetiges „Bäumchen wechsel dich“ Spiel in den einzelnen Rennklassen und nicht jeder bekommt DIE Chance, um vielleicht sein wahres Potenzial zu zeigen. Anschließend gehen viele andere Wege und dies teils sehr erfolgreich! Wir wollen in unserer neuen Rubrik „Was macht eigentlich…“ schauen, was aus den unterschiedlichsten deutschsprachigen Piloten der vergangenen WM und EM-Saisons geworden ist. Den Anfang macht dabei heute der Mittelfranke Gabriel Noderer!

Der aus Thalmässing stammende Gabriel Noderer wagte zur Gründung der Supersport300-WM Klasse den Sprung vom European Junior Cup in die kleinste Weltmeisterschaftsklasse. Damals mit dem Team Scuderia Maranga und einer unterlegenen Honda, erreichte Noderer 4-WM Punkte und verließ nach nur einer Saison den Schauplatz „Weltmeisterschaft“ wieder. Wir trafen uns mit dem jungen Deutschen in Zeiten der Corona-Pandemie zum Videointerview.

Gabriel, es sind nun gut 3-Jahre vergangen, als du in der Supersport300 Weltmeisterschaft angetreten bist. Wie bewertest du rückblickend deine einzige WM-Saison?

Es war aufjedenfall schön in der WM zu fahren, abgesehen davon, dass es aus sportlicher Hinsicht nicht überragend gelaufen ist. Hier ist, wenn ich im nachhinein drauf zurückblicke, im Team auch nicht alles super gelaufen. Ende 2018 merkte das Team schließlich, dass mein Teamkollege und ich das Jahr zuvor doch gar nicht so schlecht waren und gute Zeiten fuhren. Sie fragten noch mal nach, ob ich nicht wieder einsteigen wolle, was ich aber ablehnte. Ich will allerdings darauf gar nicht mehr zurückschauen. Es war geil in der WM zu fahren! Die ganzen Reisen auf die besten Strecken Europas und dazu auch noch WM-Punkte mit dem mageren Material einzufahren, das war schon schön. Einzigst ich hätte gerne eine zweite Chance auf besserem Material bekommen, aber ich bin anschließend mit dem Umstieg auf die 600er und in die IDM glücklich.

Noderer in der Saison 2017 in Donington Park

Bei einzelnen Rennveranstaltungen konnte man damals beobachten, dass der Umgang mit dem italienischen Team bzw. einzelnen Teammitgliedern nicht immer einfach war. Hast du Erfahrungen mitnehmen können, die dir in Zukunft weiterhelfen?

Also an sich ticken die Italiener schon ein wenig anders im Motorradsport und es war am Anfang ziemlich schwer, weil ich einen italienischen Teamkollegen an meiner Seite hatte. Es ist dann allerdings gut gelaufen auf die Saison gesehen. Ich habe in der Saison 2017 viel gelernt u.a. wie ich mit Niederlagen und schlechten Ergebnissen umgehen kann und wie ich mich aus solchen Tiefphasen herausarbeite. An sich gewinnt man in der 300er Klasse natürlich viel an Zweikampferfahrung auf der Strecke hinzu. Ein großer Aspekt in Sachen Erfahrung war für mich noch das professionelle Auftreten z.B. im Fahrerlager, in der Box etc. Dies wurde von der Dorna z.B. durch die Paddock Show stark gefördert und gefordert.

Du sagtest, du kannst nun besser mit Niederlagen umgehen. Wie genau sieht deine Methode aus?

Sport ist bei mir nach dem Rennen mit die beste Lösung, um den Kopf frei zu kriegen. Natürlich muss man meist zuerst von der Rennstrecke nach Hause kommen. Außerdem bin ich eher der Typ der 1-2 Tage Gras über die Sache wachsen lässt und anschließend erst genau analysiert, woran es lag und was speziell ich besser machen kann.

Du bist nach der Saison 2017 von der WM zur IDM ins Kawasaki Schnock Team gewechselt. Wie kam dieser Deal zustande?

Also ich hätte eine weitere Saison bei Scuderia Maranga auf der Honda dranhängen können. In Valencia durfte ich Ende 2017 aber mal die KTM RC390R fahren und da habe ich erstmal gesehen, wie viel schneller und handlicher die KTM im Vergleich zur Honda gewesen ist. Dies war der Punkt und größte Grund dem Scuderia Maranga Team abzusagen. Anschließend schaute ich mich in der IDM um und ich hätte dort in der 300er Klasse fahren können. Ich wollte aber auf eine 600er wechseln, da ich glaubte das die mir besser liegen würde. Durch Andi Ledermann, den ich in Valencia kennenlernte, bin ich zum Schnock Team gekommen. Das Angebot war gut und so kam es, dass ich für die Saison 2018 auf einer Supersport 600 Kawasaki saß.

Nach der Saison 2018 stand abermals ein Wechsel an. Seit dem fährst du für das Kawasaki Weber Moto Team. Wieso hast du das Team gewechselt?

Ja genau! In der Saison 2018 lag die Unterstützung durch Kawasaki Deutschland noch im Kawasaki Schnock Team und hauptsächlich auch auf Lucy Glöckner und der Superbike IDM. Ich fühlte mich aber wohl. Für die Saison 2019 verlegte Kawasaki Deutschland ihr komplettes Engagement ins Weber Team und Kawasaki boten mir an, auf die 400er umzusteigen. Mit einem eventuellen Aufstieg in die WM. Dies lehnte ich aber ab, da ich in der 600er Klasse bleiben wollte. Also stieg ich mit ins Moto Weber Team um.

IDM auf dem Sachsenring 2020

Du bist in der IDM in den 3 Jahren auf den Rängen 10, 9 und 9 gelandet. Bislang ist die Ausbeute mit einem Podestplatz noch stark ausbaufähig. Wie kam es zustande?

Neben teilweise strukturellen und technischen Problemen in den Teams, die erst behoben werden mussten, fehlte mir noch ein wenig die Erfahrung, um regelmäßig ganz vorne mit im Feld reinzuschießen. Ich fahre zwar mit Fahrern wie Grünwald, Enderlein oder Hanika gut mit und kann teilweise auch schnellere Zeiten fahren, aber es mangelt noch an der Konstanz. Zudem ist ein großer Schwachpunkt noch meine zweite Rennhälfte. Wir sind aber super nah dran und wollen in diesem Jahr ganz vorne angreifen!

Du bist damals auf ein größeres Motorrad umgestiegen. Wie lief für dich der Wechsel aus Rennfahrersicht?

Die Honda in der Supersport300 WM war wahrscheinlich vom Gewicht genauso schwer wie die 600er Kawasaki und hatte nur gut ein Drittel der PS-Zahl. Auf der 600er kann man als Fahrer mehr den Unterschied machen und du bist auch in der Lage schnelle Zeiten alleine auf der Strecke zu drehen. Die konnte ich mit der Honda damals nicht, weil diese zudem den anderen 300er im Feld viel zu unterlegen gewesen ist. Mit der 600er ist der Funfaktor viel größer! Man rutscht mehr und der Grenzbereich ist besser auszuloten.

Nun bist du seit 3 Jahren im Paddock der IDM zu Hause. Worin liegt dort für dich der Unterschied im Vergleich zur WM?

Ich durfte in der letzten Saison als Fahrersprecher in der IDM mitwirken, das war natürlich interessant! Ansonsten muss ich sagen professionalisiert sich die IDM jedes Jahr mehr und macht es schon recht gut. Aber es sind Details wie z.B. das Reifenreglement oder die Tracklimits welche besser geregelt werden könnten. In Assen als Beispiel habe ich glaube ich keinen Fahrer gesehen, der nicht über das grüne an den Curbs gefahren ist. Da würde es in der WM schneller eine Zeitstrafe o.ä. geben. In der Weltmeisterschaft greift das Reglement einfach härter, das ist aufjedenfall so. Außerdem ist es dort im ganzen natürlich professioneller, auch was die Medienwirksamkeit nach außen angeht. Was mich am meisten stört, dass wir immer ziemlich lange brauchen, um das Reglement mehr an der WM zu orientieren, da sind andere nationale Meisterschaften in anderen Ländern deutlich schneller.

Heiße Anbremsphase auf dem Sachsenring

Du studierst ja aktuell Sportmanagement. Was würdest du aus beruflicher Sicht sagen muss man in Deutschland machen, um eine Motorradrennserie, deutsche Piloten etc. in dem Sport nach vorne zu kriegen?

Für die IDM wie gesagt gehts in die richtige Richtung. Live-Streams sind in der heutigen Zeit ein MUSS und das am besten bei jedem Rennen! Außerdem müssen die sozialen Medien bedient werden, was auch gemacht wird, aber noch deutlich ausbaufähiger ist.
Wir sprechen hier von der Motorradbranche. Hier kann man sich natürlich kein Geld herbeizaubern, wo nicht so viel vorhanden ist wie in anderen Sportarten.
Für den Nachwuchs in Deutschland würde ich mir mehr Aktivität und Unterstützung von ehemaligen oder aktiven Rennfahrern wünschen. Rossi machts als großes Beispiel in Italien vor. Hierzulande wäre es als bekanntestes Beispiel ein Stefan Bradl. Wenn Bradl einige Nachwuchsfahrer unterstützte, würde es alleine schon über seinen Bekanntheitsgrad und seine Medienwirksamkeit viel bringen. Außerdem hat er eine Menge Erfahrung die er weitergeben kann. Bei uns in Deutschland ist aber irgendwie jeder Fahrer für sich ein Einzelkämpfer.
Hinzu kommen die schwierigen Trainingsmöglichkeiten bei uns. Da werden einem gefühlt nur Steine in den Weg gelegt. Einzigst was jetzt cool ist, dass das Pitbike fahren einen Aufschwung erfährt.

Wagen wir einen kurzen Blick in die Zukunft. Aktuell sind trotz anhaltender Corona Pandemie die Weltmeisterschaften, die IDM etc. in voller Planung. Wo werden wir dich in der nächsten Saison sehen?

Aktuell ist noch nichts weiter unterschrieben und es gibt mehrere Möglichkeiten. Ein Gaststart in der WM wäre super, ist aber natürlich abhängig von den Sponsoren und dem Team. Es gilt nun weiterhin die Sponsoren zu mobilisieren für eine weitere Saison. Die Wahrscheinlichkeit liegt aber hoch, dass ich in der nächsten Saison wieder auf einer Kawaskai in der IDM sitzen werde.

Danke Gabriel für dieses Interview und wir hoffen dich weiterhin auf der Rennstrecke 2021 sehen zu können und wünschen dir an dieser Stelle viel Erfolg und natürlich Gesundheit!

Text: Sebastian Lack

Fotos: Dominik Lack, Kawasaki Deutschland

 

 

 

 

 

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert