Jan Bühn war einer von zwei Deutschen, die die letzte Superstock 1000-EM-Saison überhaupt absolviert haben. Das war 2018. Seitdem ist beim 29-Jährigen aus Kronau einiges passiert. Nicht nur im Privaten – Bühn arbeitet mittlerweile als Verkehrsplaner – sondern auch auf der Rennstrecke hat sich viel verändert. Wir haben uns mit ihm im Rahmen unserer Rubrik Was macht eigentlich…? getroffen.

In der Superstock 1000-EM konnte Bühn Top 10-Plätze holen (© Dominik Lack)

Jan lass uns einmal auf deine Superstock 1000-Saison zurückblicken. Wie lief das Jahr damals für dich?

Es war natürlich ein schwieriger Start, weil in der EM viele erfahrene Fahrer gefahren sind. Florian Marino war zum Beispiel schon lange dabei. Auch war die Trainingszeit gering und die Strecken neu für mich. Trotzdem hatte mir eigentlich über das Jahr eine Steigerung erhofft. In Aragón bin ich mit Platz fünf gut gestartet, aber dann kamen immer wieder Probleme dazu und ich konnte nicht zu 100 Prozent zeigen, was eigentlich drin gewesen wäre. Eigentlich hätte ich ein zweites Jahr gebraucht, weil das Niveau so hoch war, aber dann wurde die Meisterschaft eingestampft.

Nimmst du trotzdem etwas aus deiner ersten internationalen Saison mit?

Es war trotzdem ein extrem cooles Jahr. Ich habe neue Strecken kennengelernt und mit einem sehr professionellen Team in einer professionellen Meisterschaft gearbeitet. Außerdem habe ich, zum Beispiel in Sachen Zweikampfhärte oder Grundspeed, viel von anderen Fahrern gelernt.

…vielleicht auch den professionellen Umgang mit Medien?

Ja, für mich war das alles von der Medienseite professionell durchgetaktet. Bei der Paddock-Show war ich auch eingeladen, wenn ich nicht ganz vorn war und konnte in Brünn einen Superbike-Lauf kommentieren. Als Fahrer ist das ein großer Vorteil, auch abseits der Strecke eine Bühne zu bekommen. Auch sind mehr Zuschauer an der Strecke und im Fahrerlager unterwegs. Das bringt einem viel.

Hattest Du denn nach dem Aus der Superstock 1000-EM auch Angebote in der WM? Du bist dann mit EGS und eigenem Team in die IDM gegangen.

Bühn und sein EGS-Team nach dem Podium in Schleiz (© EGS Moto)

Für die WM hatte ich einfach zu wenig gezeigt, so realistisch muss man sein. EGS war 2018 schon mein Sponsor. Wir haben überlegt wo die Reise hingeht und es kam die Idee, ein eigenes Team zu gründen. Mit Werner Daemen und meinem Team von 2018 haben wir eine Kooperation gestartet. Zu der Zeit war die neue BMW gerade das große Thema aber für uns war klar, dass die für uns keine Option war. Sie wäre wohl nicht rechtzeitig fertig gewesen und wir hatten nicht den Background dafür.

Mit der alten BMW hingegen hatten wir Erfahrung. Die Konstellation war insgesamt perfekt. Die Leute waren genau richtig und sehr motiviert. Auch die Frühjahrstests liefen vielversprechend und ich war guter Dinge. Der Sturz beim Test in Oschersleben hat mir dann leider die Saison kaputt gemacht.

Was hat die Verletzung 2019 mit dir gemacht?

Das Problem war, dass der Crash relativ unglücklich war. Es war morgens kalt und wir wollten die neuen Bremsen „einbremsen“. Ich war nach dem Sturz sogar bewusstlos und weiß gar nicht mehr, wie genau ich gestürzt bin. Aber der Mittelhandknochen war komplett gesplittert. Mein Gefühl und die Kraft in der Hand waren anschließend gar nicht mehr da. In Schleiz konnte ich zwar ein Podium holen, aber im zweiten Lauf konnte ich gar nicht mehr richtig Bremsen und Gas geben.

Gab es in dieser Saison bei dir Zweifel am Rennsport?

Naja, es war nicht einfach. Wir hatten ein neues Team auf die Beine gestellt, Sponsoren mit im Boot und ich war eigentlich als Teammanager mit dabei. Das war schwierig. Für uns wäre es wichtig gewesen, schnell vorne dabei zu sein und wir hatten Ansprüche. Da war es schon frustrierend, von Zuhause zuschauen zu müssen ohne zu wissen, wann es wieder weitergehen kann.

Ist die Saison am Ende für dich versöhnlich geendet?

Ja. In Schleiz war ich, wie gesagt, auf dem Podium und auch in Most war ich gut dabei bis mich ein technischer Defekt ausgebremst hat. Für mich war wichtig zu sehen, dass es noch geht. Über das Jahr hinweg konnte ich das ja nie konstant zeigen.

Du bist schließlich von BMW zu Kawasaki gewechselt. Wie kam es dazu?

2017 bin ich in der Stock-Klasse mit NRT-48 Langstrecke gefahren und in Le Castellet in der normalen Klasse sind wir mit Lucy Glöckner und Stefan Kerschbaumer um Platz 3 gefahren. Deshalb war ich mit der EWC verbunden und wollte dort fahren. 2019 bin ich als Reservefahrer für BMW dort gewesen. Bei Bolliger-Kawasaki ist Roman Stamm gecrasht und konnte nicht fahren. Ich bin spontan als Ersatz eingesprungen und das hat einfach gut gepasst. Die Kawasaki funktioniert gut und ist einfach zu fahren. Für ein 24-Stunden-Rennen ist es wichtig, den Speed leicht fahren zu können.

Wie sind denn die Unterschiede zwischen einem Sprintbike und einem Langstreckenmotorrad?

Das Langstreckenmotorrad ist schwerer. Man hat die Beleuchtung und auch einen größeren Tank. Darunter leidet natürlich die Handlichkeit. Außerdem muss man bei der Fahrwerkseinstellung Kompromisse eingehen, weil man mit mehreren Fahrern unterwegs ist und jeder unterschiedliche Vorlieben am Motorrad hat.

Jan Bühn mit Bolliger-Kawasaki in Le Mans (© jan-buehn.de)

Du hattest also vor, 2020 bei Bolliger in der EWC zu fahren. Aber dann kam neben Corona auch Le Mans…

An sich war das Rennen in Le Mans nicht schlecht. Im Regen waren wir nach dem Start teilweise auf Platz 4 und es gab keine technischen Probleme. Morgens um 06:30 ist mir aber schlagartig das Hinterrad weggerutscht und ich bin auf den Fuß geknallt. Der Bruch war nicht verschoben und es wurde nicht operiert. Mein Chirurg – von ihm habe ich mittlerweile die private Emailadresse (lacht) – sagte, dass Sprunggelenksoperationen immer schwierig sind. Eine OP hätte den Heilungsprozess nicht wirklich verschnellert.

Ich hatte noch die Hoffnung beim Finale in Estoril zu fahren. Das Problem waren aber die Sehnen und Bänder im Sprunggelenk. Die wurden doch ziemlich in Mitleidenschaft gezogen und das hat sich in die Länge gezogen. Wäre es ein Sprintrennen gewesen, hätte ich es probiert. Aber wenn ich zum Beispiel Mittwoch vor dem Rennen sage, dass es nicht geht, dann lässt du das ganze Team hängen.

Aber 2021 bist du weiterhin im Bolliger-Team. Wie bereitest Du Dich auf Langstreckenrennen vor? Ist die Vorbereitung unterschiedlich zum Sprintrennen?

Grundsätzlich machen wir vermehrt Ausdauertraining. Aber sonst habe ich nicht sonderlich viel am Training geändert. Ich versuche einfach, mich bestmöglich vorzubereiten.

Wo liegen für einen Fahrer bei der Langstrecke die Herausforderungen im Vergleich zur Kurzstrecke?

Ein Sprintrennen ist in der halben Stunde des Rennens anstrengender, weil man 110 Prozent gibt. Bei der Langstrecke ist es aber die Herausforderung, immer wieder zu fahren. Zwischen den Turns muss man sich ausruhen, viel trinken und Physio machen. Nach der 7./8. Stunde wird es einfach schwer.

Hast du  da ein Geheimrezept?

Nein, nicht wirklich. Jeder macht das irgendwie anders. Ich habe mein Wohnmobil dabei und wir stimmen uns ab. Ich habe dann meine 20 min. nur für mich, in denen ich mich ausruhe.

Beschreibe uns doch mal das Gefühl, wenn du am Le Mans-Start stehst, dein Motorrad siehst, lossprinten und beim Start Vollgas geben musst.

Es ist ein purer Adrenalinstoß. Man rennt da rüber und will so schnell wie möglich los. Das ist natürlich etwas ganz Besonderes. Wenn die Tribünen voll sind mit 80 Tausend Leuten und vor dem Start nochmal der Düsenjet über die Strecke fliegt, hat man schon Gänsehaut.

Übt man das Laufen beim Le Mans-Start?

Die Endurance-Rennwoche geht Montag los und man übt verschiedene Dinge wie auch die Boxenstopps. Der Startfahrer wird am Vortag entschieden und dann übt man mit der Kombi, guckt welchen Winkel man zum Bike braucht und welche Knöpfe man wie drücken muss.

Neben der EWC bist du aber auch als Instruktor aktiv…

Seit 2017 bin ich bei Top Superbike von Max Neukirchner als Instruktor dabei und mache dieses Jahr auch vereinzelt exklusive Events zusätzlich. Unsere Aufgaben sind vor allem, die Erfahrungen von mittlerweile 18 Jahren Rennsport weiterzugeben und den Leuten Tipps zu geben, wie man schneller, aber auch sicherer wird. Viele HobbyfahrerInnen fahren an ihrem Limit und stürzen auch, wo wir als Profis noch entspannt schneller gehen können.

Wir bedanken uns bei Jan Bühn für das nette Gespräch!

 

Interview: Sebastian Lack

Fotos: Dominik Lack (Titel), EGS Moto, jan-buehn.de

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