Dominique Aegerter dominiert die Supersport-WM. Fünf von acht gefahrenen Rennen konnte der Schweizer in dieser Saison bisher gewinnen. Zuletzt holte er in Assen einen Doppelsieg und baute seine WM-Führung auf 44 Punkte aus. Wir haben uns mit ihm vor dem Rennwochenende auf dem TT-Circuit getroffen und über die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des 30-Jährigen gesprochen.
Domi, du hast dieses Jahr schon so viele Rennen gewonnen. Wo lagerst du all die Pokale?
Ein Paar sind beim Team, weil ich sie nicht alle mitnehmen konnte. Die von Misano habe ich aber zuhause.
Ist das ein Saisonstart, den du dir vorgestellt hast?
Sich so etwas vorzustellen ist natürlich schwierig. Ich wusste nicht, wo ich stehen würde. Natürlich habe ich gehofft, dass ich schon unter den ersten drei stehen kann. Gut, nach dem ersten Test habe ich schon erwartet, dass ich um den Sieg kämpfen kann. Dann die Siege wirklich einzufahren, ist aber nicht ganz so einfach.
Gibt es irgendwas, was du im Nachhinein nach den ersten Saisonstationen besser machen möchtest?
Es ist ja so, dass man nicht viel Streckenzeit hat. Samstagmorgen hast du die 20 Minuten Superpole und dann ist auch schon das erste Rennen. Man muss also schon am Freitag bereit sein. Die beiden Sessions Freitagmorgen und – nachmittags sind von den Temperaturen her meistens verschieden. Da ist es wichtig, dass man super vorbereitet ist. Ich denke, dass wir auf manchen Strecken Freitag noch nicht voll dabei waren und angreifen konnten.
Du fährst ziemlich viele Rennwochenenden, dadurch, dass du die Supersport- und Moto-E-WM fährst. Fällt dir dieser Umstieg schwer?
Sich zur Moto-E umzustellen, ist ein bisschen schwieriger, weil dort noch weniger Zeit ist, das Motorrad einzufahren oder ein Paar Runden langsam zu machen. Du musst früh rausgehen, weil es dort noch schlimmer ist mit der Streckenzeit. Man hat nur sechs oder sieben Runden. Auch das Motorrad fährt sich ganz anders als ein Verbrennermotorrad. Von daher ist die Umstellung für mich einfacher, wenn ich wieder in die Supersport-WM komme.
Wie schaffst du es, dich für die Starts in den verschiedenen Meisterschaften immer zu motivieren?
Die Motivation ist kein Problem. Wenn es an der Motivation fehlen würde, würde ich nicht mehr lange Motorrad fahren. Klar, es ist manchmal anstrengend, aber ich sage mal, die Moto-E-Wochenenden sind nicht ganz so anstrengend wie in der Supersport-WM. Man muss einfach gut planen. Ich hatte einmal fünf Rennwochenenden hintereinander und das war schon ziemlich happig. Von daher muss man schon sich schon seine Erholungszeit geben. Man muss das Wochenende verarbeiten können und dann muss man schon wieder das nächste vorbereiten. Das eigentlich die größte Arbeit. Die Motivation ist aber trotzdem voll da.
Welchen Weg wählst du, um runterzukommen?
Ich probiere immer, nach jedem Rennen nach Hause zu gehen und mich dort ein bisschen auszuruhen mit Physio, Massage, Freunde treffen und Rasenmähen.
Warum hast du keinen Rasenmäherroboter?
(lacht) Ich mache das einfach gerne selbst. Da bin ich für mich, genauso wie beim Motocross oder Supermotard. Wenn ich dort den Helm auf habe, bin ich ganz bei mir. Da ist kein Handy oder Leute, die mir was sagen können.
Dein erster Sieg in der Moto2 am Sachsenring 2014 ist fast genau sieben Jahre her. Das ist in einer Karriere eine lange Zeit. Wie blickst du auf deine eigene Entwicklung in der Zeit seit dem zurück?
Mein Ziel war ganz klar, den Weg in die MotoGP zu gehen. Leider habe ich die Chance nie bekommen. Warum, weiß ich nicht genau, vielleicht wegen der Schweizer Nationalität. Es gibt ein Paar Fahrer, die nie so viel erreicht haben und trotzdem in der MotoGP gelandet sind. Ich habe dann aber auch 2014 und 15 mit Verletzungen und Markenwechseln zu tun gehabt. 2018 und 19 habe ich fast das ganze KTM-Team alleine finanziert und dann auch bei MV Agusta mit dem neuen Motorrad ziemlich viel investiert. Da hatte meine Karriere einen kleinen Tiefpunkt. In diesen Jahren habe ich aber viel Erfahrungen gesammelt und die vielen Rennen haben mich sicherlich stark gemacht, sodass ich in der Moto-E und der WorldSSP vorne mitfahren kann.
Du sprichst die vielen Teamwechsel an. Wünschst du dir mehr Beständigkeit, um bei einem Team anzukommen
Ich hoffe, dass ich noch vier oder fünf Jahre bei Ten Kate fahren kann! (lacht) Ich war in der Moto2 sechs Jahre bei dem gleichen Team. Dann war ich zwei Jahre bei Kiefer-Racing, aber dort ist leider der Teamchef verstorben. MV Agusta war eher eine Notlösung. Wenn ein Team gut ist und man bringt Ergebnisse, kann man dort bleiben. Bei Intact in der Moto-E habe ich weitergemacht, weil ich dort super zufrieden war im letzten Jahr. Hier bei Ten Kate bin ich auch total zufrieden. Wenn ich nicht gerade die Kategorie wechsele, möchte ich sicher mit ihnen weiterfahren.
Wäre es für dich eine Option, auch im WorldSBK-Paddock weiter aufzusteigen?
Klar wären die Superbikes ein Ziel. Ein kleineres Ziel wäre auch, in die Moto2 zurückzugehen, aber das sieht sehr schlecht aus. Zu den WorldSBKs zu gehen, wäre gut, aber auch da sieht es nicht so einfach aus. Ich denke, dass wir sonst einfach noch eine Saison in der Supersport-WM fahren werden.
Text: Dominik Lack
Foto (Titel): Sebastian Lack