Nachwuchsarbeit ist ein Stichwort, das im Motorradrennsport seit einigen Jahren ständig fällt. Die Frage lautet stets: Wie schaffen wir es, junge schnelle Fahrer:innen aus Deutschland für die WM heranzuziehen? Wonach jedoch selten gefragt wird, ist, wie es in Österreich aussieht! Wir wollen einmal einen Blick auf den österreichischen Motorradrennsport werfen.

Schauen wir zunächst auf den WM-Kontext: Im GP-Zirkus ist derzeit kein österreichischer Fahrer permanent am Start und in der Superbike-Welt ist es genau einer. Wenn wir die Langstrecken-WM betrachten, haben wir da Stefan Kerschbaumer und Philipp Steinmayr – Ersterer stand schon oft auf dem EWC-Podest und Letzterer holte in Oschersleben mit seinem Stock-Team seinen ersten internationalen Podestplatz. Im Bereich internationales Road Racing ist außerdem – seit Jahren – Horst Saiger für Österreich federführend. Alles in allem könnte man also sagen: Qualität statt Quantität.* 

Thomas Gradinger (r.) als Dritter auf dem WM-Podest in Assen (© Dominik Lack)

Das Problem an der Sache: Die genannten Fahrer kann man alle nicht mehr wirklich zum „Nachwuchs“ zählen! Die Frage ist also: Was kommt in Zukunft? Der Knackpunkt scheint – wie immer – das Geld zu sein. So sieht es auch Thomas Gradinger, Top 5-Pilot aus der Supersport-WM: „Es gäbe schon echt schnelle Leute in Österreich, aber das wird von außen her abgewürgt. Du bekommst von keiner Seite Förderungen. Bei uns gibt es eigentlich Sportförderungen vom Land, aber da wird der Motorsport nicht unterstützt. Es gibt in Österreich eigentlich genügend Firmen, die die finanziellen Mittel hätten.“

Das Paradebeispiel wäre hier natürlich RedBull, die keine Gelegenheit auslassen, um sich auf der WM-Bühne zu präsentieren – sei es als Hauptsponsor und Schirmherr des Österreich-GP in Spielberg oder als Unterstützer zahlreicher GP-Größen wie Marc Marquez oder den KTM-Teams. Aber für die Nachwuchsförderung, wo es nicht nur darum geht, das Logo vom roten Bullen in die Fernsehkameras zu halten, wird nicht eingestanden.

„Es gibt doch den Red Bull-Rookies-Cup„, mag man anmerken. Das ist sicher richtig, aber der Cup ist a) eine sehr exklusive Selektion, die – zumindest theoretisch – den direkten Aufstieg in die WM zum Ziel hat und b) sind hier internationale Fahrer am Start ohne Fokus auf österreichische Pilot:innen. Promotet wird das Ganze natürlich wunderbar medienwirksam im WM-Rahmen, sprich vor großem Publikum. Zugegebenermaßen spricht der Erfolg der Rookies-Cup-Aufsteigenden für das System, aber dem österreichischen Rennsport hilft das herzlich wenig. 

„Was ich fantastisch finde, ist, was Red Bull und KTM machen. Diese zwei Großkonzerne sind in vielen Rennserien zu finden und engagieren sich enorm für den Sport. Doch auch zu Red Bull kommt man erst als bereits erfolgreicher Sportler.“ erklärt der Österreicher Jan Mohr, der mit einer BMW im BCC Racing Team die IDM Superbike 2019 bestreitet. Mohr fuhr zunächst Motocross. Mit 14 dann brachte ihn sein Vater zum Straßenrennsport und er ging nach Deutschland. Für ihn die einzig logische Maßnahme: 

Kam mit 14 Jahren zum Straßensport in Deutschland: Der Österreicher Jan Mohr (© Damon Teerink)

„In Deutschland gibt es die ADAC Pocket Bike sowie Minibike-Serien, wo die Jungs mit fünf Jahren einsteigen können. Das finde ich wirklich super! Bei uns gibt es so etwas leider gar nicht und das ist das Problem. Wie sollen junge Fahrer zu diesem Sport kommen, wenn man ihn erst ab 14 oder 15 ausüben kann?“, gibt Mohr zu bedenken.

Zwar gebe es mit dem Alpe Adria Cup eine gute österreichische Rennserie – die österreichische Motorradrennsport Staatsmeisterschaft kann man hier leider nicht wirklich mit anführen, es gibt nicht einmal Informationen dazu im Netz! – , aber der weitere Weg sei unglaublich schwer. Entweder man gehe nach Deutschland in die IDM oder nach Spanien, bzw. Italien. Ein gutes Beispiel hierfür ist Max Kofler, der über den Supermoto-Sport in die italienische Moto3-Meisterschaft und schließlich in die spanische Meisterschaft kam. Sein Bruder Andi – Wildcard-Sieger im ADAC Junior-Cup auf dem Sachsenring – ist ebenfalls in Spanien im European Talent-Cup unterwegs, in dem u.a. der derzeitige Supersport 300-WM-Führende Manuel Gonzalez erfolgreich war. Sie beide sind schnelle Fahrer, die in Österreich aber keine wirkliche Möglichkeit haben, sich zu messen und zu entwickeln. 

„Wir brauchen eine Pocket- und Minibike-Szene, worüber man dann in die Alpe Adria kommt. Das würde wiederum diese Serie aufwerten und die Aufstiegschancen danach würden  höher werden.“, führt Jan Mohr an. „Außerdem ist es für österreichische Sponsoren viel interessanter, wenn es Rennen im eigenen Land gibt. Dem folgt nämlich mediales Interesse. Ich habe zum Glück mit der Stadt Hohenems und dem Fachverband für Motorsport Vorarlberg, die mich in meinem Motorrad Club Hohenems unterstützen ein gutes Umfeld, jedoch reicht das für diesen Sport leider noch nicht.“

Maximilian Kofler als Wildcard beim Österreich-GP 2017 (© Dominik Lack)

Das Medieninteresse sieht auch WM-Fahrer Thomas Gradinger als wichtigen Faktor: „Klar, über den Podiumsplatz in Assen haben einige Zeitungen berichtet oder zumindest eine kleine Bemerkung untergebracht. Das zeigt zumindest, dass sportliche Leistung dabei helfen kann, den Bekanntheitsgrad des Sportes zu steigern. Ich glaube, dass der Motorsport in Österreich auf jeden Fall bekannter geworden ist. Er ist aber noch weit von der Medienaufmerksamkeit entfernt, die er verdient hätte, anders als in Spanien. Das könnte zum Beispiel auch von regionalen Zeitungen her noch viel besser vermarktet werden.“

 

 

 

 


*Eine Randnotiz der Rennsportgeschichte zur Aussage „Qualität statt Quantität“: Rupert Hollaus ist der einzige österreichische Solo-Motorrad-Straßenweltmeister überhaupt (1954 auf einer 125ccm-NSU). Auch bei den Gespannen gibt es nur einen WM-Titel: Klaus „Klaffi“ Klaffenböck und Christian Parzer wurden 2001 Weltmeister.

 

 

Text: Dominik Lack

Fotos: Dominik Lack, Damon Teerink

 

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